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Ständerat Matthias Michel auf dem Podium der Caritas-Tagung. Foto: Dany Schultheiss/Caritas
Der Zuger Ständerat Matthias Michel nahm kürzlich an einer nationalen Caritas-Tagung in Bern teil. Mit Fachleuten diskutierte er über das Thema Weiterbildung und Armut. Wir hatten die Gelegenheit mit dem Zuger Bildungspolitiker ein Gespräch zu führen.
Sie haben auf der Caritas-Tagung betont, dass Bildung vor Armut schützen kann. Was sind die grössten Hindernisse, damit Bildungsangebote auch tatsächlich die Menschen erreichen, die sie am meisten benötigen?
Das erste Hindernis beginnt bei jedem und jeder selbst beziehungsweise in der eigenen Familie: Wir sind stark davon geprägt und müssen zuerst einmal die Einsicht gewinnen, dass Weiterbildung uns weiterbringt. Und zweitens den Willen, eine solche anzupacken. Die soziale Herkunft beziehungsweise die Familie sind prägend: Kinder von Eltern mit guten Bildungsabschlüssen bilden sich selber auch gut aus. Sodann sind eine Vielzahl von Rahmenbedingungen für den Zugang zu Weiterbildung entscheidend.
Welche Rahmenbedingungen meinen Sie und welche Massnahmen würden Sie empfehlen, um mehr benachteiligte Menschen in die Weiterbildung zu integrieren?
Es braucht ein ganzes Massnahmenpaket auf allen Ebenen: der privaten wie der öffentlichen. Die Person muss einmal selbst den Willen zur Weiterbildung aufbringen, damit verbunden auch gewisse Einschränkungen beziehungsweise Unterstützung in der eigenen Familie, zum Beispiel Übernahme von Kinderbetreuung und Haushaltsaufgaben durch den anderen Partner. Gerade die Betreuungsarbeit für Kinder hindert Eltern oft daran, neben der (Teilzeit-)Arbeit noch eine Weiterbildung zu besuchen. Entsprechend ist eine verstärkte Kita-Finanzierung, primär auf Kantonsebene, begleitet durch das vom Ständerat beschlossene Modell einer Betreuungszulage, angezeigt. Die heute schon bestehenden Beratungsangebote müssen verstärkt auch bildungsferne Schichten erreichen. So muss jeder Kontakt mit bildungsfernen Personen zur Information genutzt werden, zum Beispiel an der Schule für Eltern schulpflichtiger Kinder, beim Arztbesuch usw. Für die Finanzierung sollten die Stipendiengesetze der Kantone einer Überprüfung unterzogen werden. Zum Teil werden einseitig nur akademische Weiterbildungen unterstützt, zum Teil ist das Maximalalter für einen Stipendienanspruch zu tief. Für den Kanton Zug würde ich empfehlen, nicht nur Weiterbildungen innerhalb des erlernten Berufs, sondern zusätzlich auch ausserhalb zu unterstützen.
Wie sehen Sie die Rolle von digitalen Angeboten in Bezug auf die beruflichen Weiterbildung?
Die Digitalisierung hat die grosse Chance, den Zugang zum Wissen und zur Bildung zu demokratisieren, das heisst allen Bevölkerungsschichten zugänglich zu machen. Gerade auch Weiterbildungen im Fernunterricht beziehungsweise online sind oft finanziell erschwinglicher. Voraussetzung sind aber die digitalen Fähigkeiten, die primär in der Primar- und Sekundarschule gefördert werden müssen, um eine Chancengerechtigkeit zu ermöglichen, weshalb digitale Kompetenzen auch zu den Grundkompetenzen gehören. Interessant und begrüssenswert ist, dass in der Sozialhilfe in Zukunft auch IT-Geräte wie Laptops finanziert werden sollen zur «digitalen Teilhabe» (gemäss derzeitiger Revision der SKOS-Richtlinien). Eine Schattenseite der heute gebräuchlichen digitalen «Gadgets» möchte ich noch erwähnen: Wenn alle vermehrt mit den digital gesteuerten Ohrstöpseln rumlaufen und Smartphones zur Dauerablenkung führen, dann verlieren wir zunehmend die Aufmerksamkeit im Zwischenmenschlichen – und verlernen damit die wichtige Kommunikations- und Dialogfähigkeit.
Bildungspolitik ist ein breites Feld. Was sind für Sie die wichtigsten Bildungsziele, die in den kommenden Jahren verfolgt werden sollten?
Ich möchte drei Ziele hervorheben. Erstens brauchen wir einen neuen Konsens, welchen Bildungsauftrag die Volksschule hat. In den letzten Jahrzehnten wurden ihr viele Inhalte aufgebürdet. Vermehrt wird gefordert, die Volksschule habe sich auf das Vermitteln von Lesen, Schreiben und Rechnen zu konzentrieren. Ich erachte diese Grundkompetenzen auch als zentral, würde sie aber noch erweitern mit digitaler Bildung, dies angesichts der zunehmenden Bedeutung digitaler Medien und der künstlichen Intelligenz. Zweitens unterstütze ich das Ziel von Bund und Kantonen, dass 95 Prozent aller 25-Jährigen über einen Abschluss auf der Sekundarstufe II (Lehrabschluss, Maturität) verfügen. Obwohl schon älter, ist dieses Ziel noch nicht erreicht. Drittens sollten wir in der Schweiz unserem weltweit herausragenden Berufsbildungssystem Sorge tragen: Die Berufslehre (mit anschliessenden Möglichkeiten der höheren Berufsbildung) sollte der Königsweg bleiben, weshalb die Initiative «Berufsbildung 2030» von Staat und Wirtschaft wichtig ist, um dieses System für die Zukunft fit zu halten.
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