Stadt Zug
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Aldo Elsener wurde an seinem letzten Arbeitstag als Präsident des Verwaltungsgerichts im Kantonsrat mit einer Laudatio verabschiedet. Als Geschenk gab es auch noch einen Blumenstrauss. Foto: RC
Seit 35 Jahren wirkt Aldo Elsener am Zuger Verwaltungsgericht, die letzten acht Jahre als Gerichtspräsident. Jetzt geht er in Pension und wurde am 21. März im Kantonsratverabschiedet.
Aldo Elsener, worin besteht Ihre Arbeit am Verwaltungsgericht?
Als Verwaltungsrichter leite ich die verwaltungsrechtlichen und steuerrechtlichen Verfahren. Ich studiere Rechtsschriften und Akten, erhebe Beweise, führe Verhandlungen und Befragungen. Mit meinen Gerichtsschreibenden bespreche ich die Falllösungen und die Urteilsentwürfe. Als Gerichtspräsident obliegen mir die Vertretung des Gerichts und zusammen mit dem Kollegium die Besorgung der administrativen Geschäfte.
Wofür ist das Verwaltungsgericht zuständig, wofür ist es gut?
Der deutsche Rechtsphilosoph Gustav Radbruch hat gesagt: «Rechtsstaat ist wie das tägliche Brot, wie Wasser zum Trinken und wie Luft zum Atmen, und das Beste an der Demokratie ist, dass nur sie geeignet ist, den Rechtsstaat zu sichern». Das Zuger Verwaltungsgericht sorgt seit 1977 für Gerechtigkeit im Einzelfall in Streitigkeiten im öffentlichen Recht, d.h. im Verhältnis der Bürger zum Staat. Bei uns werden z.B. Entscheide des Gemeinde- oder Regierungsrats, des Strassenverkehrs- oder Steueramtes, der IV-Stelle oder der KESB angefochten.
Was ist die Antriebsfeder in Ihrer Arbeit?
Im Mittelpunkt meiner Arbeit steht der Mensch. Ich begegne jedermann ungeachtet seiner sozialen und bildungsmässigen Herkunft oder seiner Stärken und Schwächen mit Offenheit, Verständnis und Wohlwollen. Es geht darum, dass der Staat alle Bürger gleich und gerecht behandelt und seine Entscheide glaubwürdig und nachvollziehbar sind.
Was hat Sie in den Jahren besonders gefreut?
Wie ich bei meiner Kandidatur im Jahre 2016 versprach, konnte ich am Verwaltungsgericht Transparenz und eine offenere Kommunikation herstellen. Es war eine Zeitenwende im Kanton Zug, dass wir als erstes Gericht eine Entscheiddatenbank einführten, auf der alle verfahrensabschliessenden Entscheide seit dem 1. Januar 2020 öffentlich zugänglich sind. Es sind schon fast 900. Und am Schluss meiner Amtszeit habe ich am 22. Februar 2024 als Präsident noch den Spatenstich für das neue Gerichtsgebäude im Theilerhaus ausführen können. Dieses Projekt durfte ich initiieren und bis heute vorantreiben. Damit wird das Verwaltungsgericht im September 2025 endlich ein eigenes Zuhause erhalten.
Empfinden Sie Ihre Arbeit als belastend?
Wegen der Verantwortung und einem gewissen Erledigungsdruck ist die Belastung hoch und sie verfolgt mich auch in die Freizeit. Während der Coronapandemie war auch das Verwaltungsgericht im Ausnahmezustand. Dank dem grossen und kompetenten Einsatz aller Mitarbeitenden konnten die Erwartungen, die auch in Krisenzeiten an das Gericht gestellt werden, erfüllt werden. Digitalisierung und Homeoffice haben uns geholfen. Umgekehrt erkannten alle auch neu den Wert des lebendigen Austauschs und Miteinanders am Gericht. Weiter hat mich der Fall des Wohnsitzwechsels einer Richterkollegin belastet. Für mich ging es darum, Schaden vom Gericht, von Verfahrensparteien und nicht zuletzt von der Kollegin abzuwenden. Wichtig ist, dass das Gericht den Stresstest rechtsstaatlich korrekt bestanden hat und das Vertrauen der Bevölkerung stets erhalten blieb. Dies hat mir der Kantonsrat bestätigt und auch viele Menschen auf der Strasse.
Ihr beruflicher Werdegang?
Nach dem Besuch der Kanti in Zug und dem Rechtsstudium in Zürich arbeitete ich auf dem Vormundschafts- und Sozialamt der Stadt Zug und schrieb eine Dissertation zum Thema «Vormundschaftsgeheimnis». Seit 1988 bin ich als Gerichtsschreiber beim Verwaltungsgericht tätig, seit 1997 zusätzlich in der Funktion des Generalsekretärs und seit 2016 als Verwaltungsrichter und Präsident des Gerichts.
Warum wurden Sie Jurist, warum Verwaltungsrichter?
Die Frage nach Recht und Gerechtigkeit hat mich schon immer fasziniert. Obwohl der Berufsberater zur Medizin riet und auch ein Musikstudium ein Thema war, studierte ich Recht. Zum Richterberuf gehört es, zuzuhören, abzuwägen und dann so richtig und gerecht wie möglich zu entscheiden. Dies liegt mir nahe. Aber eine Richterlaufbahn kann man in der Schweiz, etwa im Gegensatz zu Deutschland, nicht planen. Es spielen verschiedene, auch politische Faktoren mit. Es braucht Glück, so wie überhaupt im Leben, wie ich immer sage.
Inwiefern hatten Ihre Eltern einen Einfluss auf Ihre Berufswahl?
Mein Vater Toni Elsener war Vormundschafts- und Sozialsekretär der Stadt Zug. Obwohl nicht Jurist, war er dabei mit schwierigen juristischen Fragen befasst. Er erzählte mir von seiner Arbeit und ich gewann schon in der Jugend Verständnis und Freude an der Juristerei. Während des Studiums konnte ich ihn dann juristisch beraten. Und ebenso war es mit meiner Mutter Rita Elsener-Canepa. Sie setzte sich auf allen Ebenen für den Turnsport ein. Im Jahr 1986 wurde sie zur ersten Zentralpräsidentin des auch dank ihren Bemühungen aus ETV und SFTV fusionierten Schweizerischen Turnverbands STV gewählt. Auch ihr diente ich als heimlicher Rechtsberater. Noch heute sprechen mich Leute in der ganzen Schweiz auf meine Mutter an, was mich immer freut und berührt.
Welche Rolle spielt die Musik in Ihrem Leben?
Mit Flöte und Piccolo spielte ich in der Zuger Kadettenmusik und im Militärspiel. Bis heute liebe ich das Musizieren, neu auch mit dem Schwyzerörgeli. Am liebsten höre ich Opernmusik. Mit dem grossen italienischen Verditenor Carlo Bergonzi verband mich eine lebenslange Freundschaft.
Offenbar hat Italien eine grosse Bedeutung in Ihrem Leben?
Die italienische Sprache ist meine zweite Muttersprache, da meine Mutter Tessinerin war. Wohl deshalb kam es dazu, dass ich an der Kanti sogar Latein liebte und der legendäre Rektor Rudolf Hess meine Lateinarbeiten oft mit «summa cum laude» bewertete. Seit 1985 fahre ich jedes Jahr mehrfach nach San Gimignano (Toskana), wo man mich sogar Ehrenbürger nennt.
Welches Verhältnis hat das Verwaltungsgericht zur Politik?
Die Gesetze sind Ausdruck der gesellschaftlichen Werte. Darum ist das Verwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung auch immer mit politischen Fragen konfrontiert. Einziger Orientierungspunkt ist aber das geltende Recht, nicht die freie Rechtsgestaltung. Selbst wenn ein Fall keine politischen Wertungsfragen aufwirft, kann der Entscheid politische Auswirkungen haben. Die «Justitia» wird zwar mit verbundenen Augen dargestellt, weil sie nicht auf das Ansehen der Person oder der Behörde achten soll, doch blind ist sie nicht. Vielmehr soll sie sehenden Auges die Wirklichkeit wahrnehmen, die Argumente und Interessen wägen und das Recht anwenden. Daran habe ich mich immer gehalten.
Wie politisch sind Sie?
Ich war schon früh politisch interessiert und erinnere mich, dass ich an der Kantonsschule der Einzige in der Klasse war, der auf Fragen der Lehrer über die Parteien, ihre Kandidaten und ihre Programme genau Bescheid wusste. Auch weltpolitische Zusammenhänge interessierten mich und ich verfolgte in der Jugend leidenschaftlich gerne die deutschen Bundestagsdebatten mit den Reden von Kohl und Strauss, Brandt und Schmidt. Am Verwaltungsgericht hat die Parteizugehörigkeit traditionell für die Richterwahlen ein Gewicht, in der Arbeit aber keines.
Spürt man im Kontakt mit Ihnen den Richterberuf?
Es ärgert mich, wenn jemand im Gespräch ohne vertiefte Faktenkenntnis pointierte Aussagen über Menschen, bekannt gewordene Rechtsfälle oder politische Fragen äussert. Es passiert mir, dass ich gegen Vorurteile interveniere.
Ist Ihr Beruf manchmal auch lustig, hat es bei Gerichtsfällen Platz für Humor?
Justitia lächelt nicht. Gesetze verstehen keinen Spass. Aber es gibt bei Verhandlungen Situationskomik oder ich versuche, wenigstens mit Selbstironie eine Brücke zum Gegenüber zu schlagen. Immerhin lud ich einmal für unseren Büroausflug einen Berner Privatrechtsprofessor ein, der uns scherzhaft über das «Grillrecht» referierte, das es als Fachgebiet natürlich nicht gibt. Unser Kontakt kam zustande, als er sich für ein sozialversicherungsrechtliches Urteil von uns interessierte, bei dem wir entschieden hatten, dass es keinen Unfall im Rechtssinne darstelle, wenn jemand sich beim Biss in eine unerwartet heisse Grillcervelat eine Zahnverletzung zuziehe. Natürlich assen wir dann gemeinsam mit ihm eine feine Bratwurst.
Zum Schluss: Was bleibt Ihnen in Erinnerung von Ihrer Arbeit am Verwaltungsgericht?
Ich durfte am Gericht mit fachlich und menschlich vorbildlichen Kollegen und Kolleginnen zusammenarbeiten. Auch lernte ich in den Behörden, Verwaltungen, der Anwaltschaft und auch unter den Rechtsuchenden viele kluge, freundliche und interessante Menschen kennen. Besonders gerne erinnere ich mich an die Fälle, wo wir Rechtsuchenden gegen falsche oder willkürliche behördliche Entscheide helfen konnten. Kürzlich dankte mir ein früherer Beschwerdeführer und wünschte mir zur Pensionierung Glück. Ich war als Referent verantwortlich, dass wir eine Diskriminierung seines hörbehinderten Kindes durch die Schulbehörden direkt gestützt auf Verfassungsrecht korrigierten. Es ist ein Privileg, dem Kanton und seinen Bürgern am Verwaltungsgericht dienen zu dürfen. Dafür bin ich dankbar.
Renato Cecchet
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