Tiefer Pegelstand
Über Wochen hat es nicht richtig geregnet
Geplanter Neubau wirke wie eine Staumauer zwischen Altstadt und See, findet die IG. Visualisierung: zvg
Ein offener Brief der IG Erhalt Landsgemeindeplatz hat für hohe Wellen gesorgt. Ausser den Inhalt des Briefes und der Unterzeichnenden ist wenig bekannt. Hier nehmen die Initianten, Peter R. Hofmann und Paul Moos, erstmals Stellung.
Herr Moos und Herr Hofmann, Sie schreiben in Ihrem offenen Brief, dass das Vorhaben massiv in das historische Stadtbild eingreife. Ist diese Befürchtung nicht übertrieben?
Keineswegs übertrieben. Der geplante Neubau würde mit seiner Masse und Kubatur wie eine Staumauer zwischen Altstadt und See wirken und wichtige Sichtachsen unterbrechen. Das historische Ensemble aus Landsgemeindeplatz, Regierungsgebäude und Vogelvoliere bildet einen der identitätsstiftendsten Orte in Zug. Der Landsgemeindeplatz ist nicht nur städtebaulich, sondern auch historisch von grosser Bedeutung – ein solcher Eingriff wäre irreversibel und würde das Stadtbild nachhaltig beeinträchtigen.
Mit dem Erweiterungsbau soll der Ratsbetrieb modernisiert und optimiert werden. Alleine die Elektroanschlüsse seien nicht mehr zeitgerecht, sagt der Kanton. Sehen Sie die Notwendigkeit eines Neubaus?
Diese Frage steht nicht im Zusammenhang mit dem Landabtausch, welcher der Grosse Gemeinderat am, 29. April, in eigener Kompetenz entscheiden kann. Ob für den Ratsbetrieb ein Neubau notwendig ist, muss der Kanton selbst beurteilen. Was wir jedoch klar sagen: Wenn Neubau, dann nicht an diesem Standort. Veraltete Elektroanschlüsse lassen sich durch gezielte Sanierungsmassnahmen beheben, ohne gleich das ganze Erscheinungsbild des Landsgemeindeplatzes zu verändern. Die von uns kritisierte Standortwahl hat nichts mit der Frage zu tun, ob Modernisierungsbedarf besteht.
Sie schreiben, dass das Stadtbild von den Stadtzugerinnen und Stadtzuger gestaltet werden soll, und nicht vom Kanton. Beim Gebäude handelt es sich um das Regierungsgebäude des Kantons. Warum sollen da die Städter mitentscheiden?
Hier liegt ein Missverständnis vor. Es geht aktuell nicht um das bestehende Regierungsgebäude, sondern um den Landabtausch von 610 m² städtischen Grundes. Dieses Land gehört heute der Stadt Zug, und damit besteht hier die städtische Planungshoheit. Mit dem vom Stadtrat beantragten Landabtausch würde diese Planungshoheit aufgegeben – ohne dass die Bevölkerung angemessen in den Entscheidungsprozess einbezogen wurde. Die Gestaltung eines so zentralen und identitätsstiftenden Ortes betrifft alle Zugerinnen und Zuger unmittelbar.
Gibt es in der Stadt überhaupt eine geeignete Alternativfläche für einen Neubau?
Diese Frage müsste primär an den Kanton gerichtet werden. Der Kanton behauptet, verschiedene Standorte geprüft zu haben, doch die Transparenz dieser Prüfung ist fraglich. Unsere Aufgabe als IG ist es nicht, alternative Standorte vorzuschlagen, sondern auf die städtebaulichen und sozialen Probleme des geplanten Standorts hinzuweisen.
Allgemein wird auch die Verdrängung der Vogelvoliere beklagt. Aber haben Vögel in Käfigen noch eine Berechtigung im Jahr 2025?
Die Frage nach der Tierhaltung in der Voliere hat mit dem Landabtausch nur indirekt zu tun. Fakt ist: Die Vogelvoliere ist ein beliebter Anziehungspunkt für Familien und Kinder und gehört seit Jahrzehnten zum Stadtbild. Die gesetzlichen Vorschriften zur tiergerechten Haltung der Vögel werden von den professionellen Tierpflegerinnen und Tierpflegern vorschriftsgemäss berücksichtigt und in vielen Fällen übertroffen.
Die Kosten für den Neubau belaufen sich gemäss Regierungsrat auf rund 50,4 Millionen Franken. Sie finden, das sei finanziell nicht verantwortbar. Für Zug ist das doch eine vertretbare Summe.
Bei der anstehenden Abstimmung im Grossen Gemeinderat geht es ausschliesslich um den Landabtausch. Die Finanzierung des Projekts ist nicht Gegenstand dieser Entscheidung. Unabhängig davon darf man durchaus fragen, ob 50 Millionen Franken für einen Saal, der nur etwa 15-25 Mal im Jahr genutzt wird, angemessen sind – selbst für den wohlhabenden Kanton Zug. Diese Mittel könnten in anderen Bereichen wie Bildung, bezahlbarem Wohnraum oder Infrastruktur vielleicht sinnvoller eingesetzt werden.
Sie wollen, dass die Vorlage einem Referendum unterliegen soll. Würden Sie allenfalls eine Initiative starten?
Aktuell setzen wir uns dafür ein, dass der Grosse Gemeinderat die berechtigten Bedenken der Bevölkerung ernst nimmt und die Vorlage ablehnt. Wir sind überzeugt, dass die Grösse des Eingriffs in das Stadtbild und die mangelnde Transparenz des Verfahrens ausreichende Gründe für eine Ablehnung des Landabtauschs sind. Über mögliche weitere Schritte entscheiden wir, falls nötig, nach der Abstimmung im GGR am 29. April.
Welche Auswirkungen hätte der Neubau auf den Charakter und die Nutzung des Landsgemeindeplatzes während und nach der Bauphase?
Die mehrjährige Bauphase würde eines der beliebtesten Naherholungsgebiete der Stadt erheblich beeinträchtigen. Nach Fertigstellung würde der Neubau den Landsgemeindeplatz deutlich verkleinern und dessen Charakter grundlegend verändern. Der geplante Bau würde nicht nur physisch Raum wegnehmen, sondern durch seine Masse auch den Blick auf den See verstellen und den Platz verschatten.
Der Stadtrat betont die «gemeinsame Nutzung» des geplanten Neubaus durch Kanton und Stadt. Wie beurteilen Sie dieses Argument?
Der Stadtrat verkauft die gemeinsame Nutzung des Saals als grossen Gewinn für die Stadt. Tatsächlich nutzt der Grosse Gemeinderat aber schon heute den bestehenden Kantonsratssaal für seine Sitzungen – und käme auch in Zukunft mit diesem gut zurecht, wie ehemalige Gemeinderäte bestätigen. Die angebliche «Win-win-Situation» ist also eine Mogelpackung. Die Stadt gibt wertvolles Land am See ab und erhält dafür im Gegenzug lediglich das Nutzungsrecht für einen Saal, den sie bereits heute nutzen kann. Die eigentlichen Gewinner wäre die Zuger Verwaltung, die sich auf Kosten des öffentlichen Raums ausbreiten könnte.
Beni Frenkel
Lesen Sie in der nächsten Ausgabe die Stellungnahme der Zuger Baudirektion.
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