Midnight Zug
Jugendliche treffen sich zu Spiel, Spass und Sport
Die Kirche in in Concepcion, Bolivien, wurde von Pater Martin Schmid erbaut. Sie gehört heute zum UNESCO-Kulturerbe.Foto: Franziska Schmid
In Bolivien geniesst ein Baarer grosse Bekanntheit. In Baar kennt ihn dagegen kaum jemand. Es handelt sich um den Jesuitenmissionar Pater Martin Schmid. Zwei Ausstellungen und ein Theaterstück in Baar und Zug erinnert nun an den vor 250 Jahr gestorbenen Pater. Die Projektleiterin Laura Hürlimann gab uns Auskunft.
Der Verein Pater Martin Schmid und ein Projektteam haben sich zum Ziel gesetzt, das Wirken und Handeln des Baarer Jesuiten bekannt zu machen. Nach mehr als zwei Jahren Planungs- und Konzeptphase wurde nun ein mehrteiliges Projekt, spartenübergreifend, vermittelnd und gemeinschaftsorientiert auf die Beine gestellt. Vom 5. September bis
1. Oktober finden zwei Ausstellungen und ein extra dafür geschriebenes Theaterstück statt. Alles auf Grundlage der von Schmid verfassten Briefe an seine Familie, historischen Fakten und Fiktion.
Im Jahr 1726 machte sich Schmid auf den Weg nach Südamerika. Als Baumeister, Musiker und Seelsorger missionierte er für den christlichen Glauben, hauptsächlich bei den indigenen Chiquitos. Im heutigen Bolivien zeugen noch immer Spuren davon.
Die Ausstellung spannt ein Bogen ins heutige Leben und bietet Raum zur Auseinandersetzung mit der Figur Pater Martin Schmid sowie seinem Leben und Wirken. Dazu wird einmal pro Tag ein für das Projekt geschriebenes Theaterstück mit dem Titel «Esmid» in den Ausstellungen aufgeführt. Aber wie konnte es dazu kommen, dass Pater Martin Schmid in Vergessenheit geraten ist? «Das liegt wohl daran», so die Projektleiterin Laura Hürlimann, «dass es über Schmid keine ‹richtige› Dokumentation gibt. Seine Geschichte wurde durch einige Schlüsselpersonen rekonstruiert. Die wichtigste Abschrift seiner Briefe erstellt die Mechtild Schmid (1897 – 1978) von 1943 bis 1952. Aufgrund dieser Briefe restaurierte der Walchwiler Architekt Hans Roth die Kirchen des Paters, wo auch seine Kompositionen gefunden wurden.»
Von den Projektleitern erfahren wir weiter, dass die Familie Schmid ein altes Baarer Bürgergeschlecht ist und sich um das Gedenken an Pater Martin bemüht. Die Schmid’sche Familienstiftung Höllgrotten ermöglichte die Herausgabe der Briefe 1988 wie auch 1994 eine Ausstellung in Luzern. Heute unterstützt die Familie mit dem Rundgang in Baar sowie der Ausstellung in der Chollerhalle in Zug die Auseinandersetzung neuer Generationen mit Schmids Erbe.
«Schmid ist ein Mensch mit vielseitiger Begabung und autodidaktischen Fähigkeiten», erläutert Hürlimann. «Er hat viel Wissen transportiert und Menschen befähigt, Neues zu lernen. Es heisst, nichts konnte ihn aus der Ruhe bringen – ob das wirklich stimmt, weiss man nicht. Wichtig ist, dass seine Tätigkeiten und Rollen immer in Kontext zu seiner Missionstätigkeit gesetzt werden.»
In Bolivien geniesst der dort als «Esmid» bekannte Schmid bei der indigenen Bevölkerung einen guten Ruf. Die Chiquitos, bei den Schmid hauptsächlich wirkte, bilden eine Gruppe im ethnisch und kulturell vielfältigen Bolivien. Sie wurden im ausgehenden 17. und im 18. Jahrhundert von den Jesuiten christianisiert. Heute leben sie in hybrider katholischer Tradition und entdecken zugleich ihre indigenen Wurzeln neu. Seit 1996 findet Alle zwei Jahre das Barock-Festival «Misiones de Chiquitos» statt, mit dem die Musik der Jesuitenmissionen zu neuem Leben erweckt wird. Durch die Kirchen, welche heute zum UNESCO-Kulturerbe gehören, reisen viele Touristinnen und Touristen nach Bolivien und kurbeln so die lokale Wirtschaft an.
Nachdenken über Moral und Ethik
Auch nach 250 Jahren kann man vom vielfältigen Wirken des Paters etwas für seinen eigenen Alltag mitnehmen. Laura Hürlimann weisst darauf hin, dass aus heutiger Perspektive das ganze aber auch im Kontext des Kolonialismus betrachtet werde. «Hier gilt es als Gesellschaft über Moral und Ethik nachzudenken. Fest steht jedoch, dass er ein Mensch war, der seine Welt gestaltet hat. Hier knüpfen wir mit der Ausstellung ‹Menschen bauen Welten!› an und möchten die Besuchenden darüber nachdenken lassen, wie wir unsere Welt heute gestalten.»
Das zum Projekt gehörende Theaterstück soll verschiedene künstlerische Disziplinen miteinander verbinden und bildet die emotionale Komponente des Projektes. Die Musik, welche von Pater Martin Schmid geschrieben wurde, wird im Stück live erlebbar sein. Ausgehend von Schmids Briefen entwickelte Martin Butzke ein Stück, welches den Pater als Menschen greifbar macht und den Besucherenden die Möglichkeit gibt, sich eine eigene Meinung über seine Tätigkeiten in Bolivien zu bilden.
Laura Hürlimann selbst freut sich besonders auf die Ausstellung «Menschen bauen Welten!» in der Chollerhalle, welche durch partizipative Elemente ein Erlebnis für Jung und Alt wird.
Uwe Guntern
Daten und Programm
Ausstellung im öffentlichen Raum, noch bis 25. September, Baar
«Pater Martin Schmid (1694–1772) - Auf den kolonialen Spuren seines Erbes»
Führungen
- «Vernissage» Fr, 8. September, 18 Uhr, mit Kuratorin Stephanie Müller. Schwerpunkt Persönlich mit Franziska Schmid, Nachfahrin, anschliessender Apéro
- So, 10. September, 10 Uhr, mit Kuratorin Stephanie Müller. Schwerpunkt Jesuiten mit Toni Kurmann SJ, Direktor Lassalle-Haus
- Mi, 13. September, 18 Uhr, mit Kuratorin Stephanie Müller
- Sa, 16. September, 10 Uhr, mit Dr. Thomas Zaugg
- Di, 19. September, 18 Uhr, mit Dr. Thomas Zaugg. Schwerpunkt Architektur, mit Alfons Heggli und Eckart Kühne, Architekturhistoriker
- Sa, 23. September, 10 Uhr, mit Kuratorin Stephanie Müller. Schwerpunkt Persönlich mit Franziska Schmid, Nachfahrin
- So, 24. September, 14 Uhr, mit Dr. Thomas Zaugg. Familien-Führung. Treffpunkt ist bei der Reformierte Kirche Baar. Dauer des geführter Rundgang ca. 1,5 Stunden
Ausstellung in der Chollerhalle 26. September bis 1. Oktober, Chollerhalle Zug
«Pater Martin Schmid – Menschen bauen Welten!»
Programm
- Vernissage, Di, 26. September: 18-22 Uhr, 19 Uhr Apéro und Ansprache und um 20 Uhr Premiere Multidisziplinäre Performance (Esmid – Eine Biografie)
- Mi, 27. September: 14-22 Uhr, Kindernachmittag, 20 Uhr Film «The Mission»
- Do, 28. September: 18-22 Uhr, 20 Uhr Multidisziplinäre Performance
- Fr, 29. September: 14-22 Uhr, 20 Uhr Multidisziplinäre Performance
- Sa, 30. September: 10-22 Uhr, 17 Uhr und 20 Uhr Multidisziplinäre Performance
- So, 1. Oktober; 10-18 Uhr, 14 Uhr Multidisziplinäre Performance
Es gibt eine begrenzte Platzzahl (ca. 50 Plätze) für die Multidisziplinäre Performance. Während der Performance ist die Ausstellung nicht begehbar.
Tickets: eventfrog.ch patermartinschmid
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