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Seit Ende März können die Höllgrotten in Baar wieder besichtigt werden. Geschäftsführer Heini Schmid zum wahren Wert der Winterpause, warum es Menschen in Höhlen zieht und klein, aber fein Reichtum bedeuten.
Baar hat als zweitgrösste Zuger Gemeinde und Geschäftssitz einiger grosser wie auch kleiner Firmen eine wirtschaftlich grosse Bedeutung für den Kanton. Die stetig wachsende Stadt mit aktuell 25'000 Einwohnerinnen und Einwohnern, die sich immer noch gerne als Dorf bezeichnet, beherbergt aber auch einige historische Sehenswürdigkeiten. Die katholische Pfarrkirche St. Martin aus dem 14. Jahrhundert. Oder das Rathaus, ein Fachwerkbau von 1676. Das Friedenskreuz im Weiler Deinikon erinnert an den zweiten Kappeler Krieg, in dem unter anderen der Zürcher Reformator Ulrich Zwingli ums Leben kam.
Zu Baar gehört auch viel Wald. Zum Beispiel im Lorzentobel. Dort mittendrin, exakter gesagt innendrin, befindet sich die Touristenattraktion Höllgrotten mit ihren Stalaktiten und Stalagmiten. «Dieser Verbund von Tropfsteinhöhlen macht Baar über die Kantonsgrenzen hinaus bekannt», sagt Geschäftsführer Heini Schmid.
Für den Ur-Baarer sind die Höllgrotten eine Herzensangelegenheit. «Mein Vater war auch schon Geschäftsführer. Die unmittelbare Umgebung der Höllgrotten waren meine Kinderstube. An Mittwochnachmittagen habe ich zusammen mit Kollegen dort eine Waldhütte gebaut. Meine Mutter war froh, dass wir Kinder sinnvoll beschäftigt waren.»
Die Geschichte der Höllgrotten ist fest mit derjenigen der Familie Schmid verbunden. Der Ur-Urgrossvater von Heini Schmid, Viehhändler und Ständerat Josef Leonz Schmid entdeckte in seinem Steinbruch 1863 die erste Grotte. Sein gleichnamiger Sohn machte die Höhlen ab 1887 öffentlich zugänglich und führte die später entdeckten Grotten durch Landkäufe zusammen. 1917 wurden die oberen und unteren Höhlengruppen durch einen Stollen verbunden, so dass die Höllgrotten bis heute in einem Rundgang besichtigt werden können.
Von Anfang April bis Ende Oktober sind die Höllgrotten für die Öffentlichkeit zugänglich. Jeweils im März werden nötige Ausbesserungen im Höhlensystem vorgenommen. «Es gibt Siebenschläfer, die gerne Kabel anknabbern, die müssen wir ersetzen. Die Wege werden hergerichtet, ein See, der im Winter entleert wird, erhält frisches Wasser.»
Und die restlichen vier Monate? «Wir Menschen gehen in die Ferien, um uns zu erholen. Genau das müssen wir auch einer Höhle zugestehen», erklärt Heini Schmid. Von November bis Februar befinde sich niemand drinnen, es sei völlig dunkel. Das künstliche Licht fördere die Algenbildung, dazu durchschritten über 60'000 Personen pro Jahr das Höhlensystem. «Auch die Höllgrotten brauchen ihre Zeit, um wieder zur Ruhe zu kommen.»
Warum sich so viele Interessierte Höhlen anschauen wollen, auch darauf hat Heini Schmid eine Antwort: «Das Erlebnis ist für uns Menschen intensiv. Die einen fühlen sich von sicherem Stein umgeben und geborgen. Andere leiden an Klaustrophobie, setzen sich dem Abenteuer aber trotzdem aus. So oder so löst ein Besuch der Höllgrotten automatisch Emotionen aus.» Die Urtümlichkeit der Kalkformationen, die ungewohnte Stille, das Tropfen von Wasser, all das packe einem. Aus diesem Grund seine viele Höhlensysteme auch Kraftorte. «Der unterschiedliche Aggregatszustand kommt zusätzlich dazu. Die Temperatur in der Grotte beträgt 11 Grad. Wenn es draussen kälter ist, empfindet man diese als wärmer. Wenn es draussen heiss ist, dann wirken sie angenehm kühl.»
Die Höllgrotten unterscheiden sich von allen anderen Tropfsteinhöhlen der Schweiz. Viele Höhlensysteme entstehen in massivem Felsuntergrund durch unterirdisch abfliessendes Wasser, was jeweils Millionen Jahre dauert. Die Höllgrotten hingegen bildeten sich an der Oberfläche in der vergleichsweise kurzen Zeit von rund 3000 Jahren. Das versickernde Wasser löste auf seinem zehn Jahre dauernden unterirdischen Weg viel Kalk und trat in grossen Quellen aus den Tobelflanken aus. Das oberflächlich abfliessende, kalkreiche Quellwasser setzte beim Austritt im Hangbereich grosse Mengen von Kalk ab und baute einen riesigen Quelltuffberg auf. Der Tuffstock wuchs immer weiter ins Bett des Flüsschens Lorze hinaus, worauf dieses den Hang unterspülte. Es bildeten sich nischenartige Höhlen und überhängende Partien. An einer Stelle kam es zum Einsturz, das herabsackende Gestein schloss im Bereich des heutigen Höhlenausgangs einen Hohlraum ein. Die restlichen Teile der Höhlen wurden allmählich eingeschlossen In den derart entstandenen Höhlen hinter dem Tuffvorhang kam es zur Tropfsteinbildung: von der Decke hängende Stalaktiten, beim Auftropfen auf den Boden emporragende Stalagmiten oder zusammengewachsene Stalagnaten.
In den Höllgrotten entstanden sind einzigartige Formationen wie das «Zauberschloss», die «Wurzelgrotte» oder der «Bienenkorb». Dazu hat es kleine Seen. Heini Schmid ist sich bewusst, was für ein Schatz er als Geschäftsführer bewacht. «Wir verfügen über eine Reichhaltigkeit auf engstem Raum. Der grosse Block aus Kalk macht die Höllgrotten einzigartig. Im Vergleich zu anderen Höhlensystemen sind wir klein und fein. Oder anders gesagt: Wir sind nicht gross, aber reich.» Seit 1942 verwaltet die Familienstiftung Höllgrotten Baar das Höhlensystem. Neben den Höllgrotten gehören auch das gleichnamige Restaurant und ein Bauerheimet zum Fundus. «Die Einnahmen aus Eintritten und Verkäufen am Kiosk finanzieren den ganzen Betrieb. Wir erhalten keine Unterstützungsbeiträge», sagt Heini Schmid.
Kleines Detail: Die Höllgrotten liegen eigentlich auf Menzinger Gemeindegebiet, das Restaurant auf Neuheimer Boden. Weil der Wald im Lorzentobel aber Eigentum der Baarer Familie Schmid ist, werden das Höhlensystem und das Restaurant mit Baar in Verbindung gebracht.
Renato Cecchet
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